… und sonst?

An dieser Stelle will ich auf das eingehen, was keinen Eingang gefunden hat in die täglichen Berichte, aber trotzdem unbedingt erwähnt werden muss. Dazu gehört an erster Stelle die Natur, die wir in Masuren erleben durften. Morgens von Schreien der Graureiher geweckt zu werden, ist schon ein sehr besonderes Erlebnis. Diese großen Vögel bei der Nahrungssuche auf Wiesen beobachten zu können, verleitet schon dazu, das offiziell vorgeschlagene Tempolimit sehr deutlich zu unterschreiten. Im Flug wirken diese Vögel einfach majestätisch, wie sie sich mit langsamem Flügelschlag über die große Wiese hinter unserem Haus zum Wald hin bewegten.

Störche sind glücklicherweise keine Seltenheit mehr. Sie tauchten auf unserem Weg in den Osten zunehmend öfter auf und waren in Masuren in fast jedem Dorf anzutreffen. Irgendwann schaute man schon nicht mehr hin – eine erfreuliche Normalität. Ganz anders die Raubvögel, die, wenn man sie bemerkte, mit der Suche nach oder dem Verzehr von Nahrung beschäftigt waren. Es ist unglaublich, wenn sich ein Habicht einfach im Sturzflug auf eine Maus fallen lässt und dann, kurz vor dem Zugriff, die Geschwindigkeit kontrolliert verringert. Und das alles ohne ABS und blockierende Räder.

Rehe haben wir natürlich auch gesehen, einen Hirsch, den Walentynas Tochter früh am Morgen auf dem Weg zur Arbeit am Waldrand gesehen hat, leider nicht. Auch einen Elch konnten wir in freier Wildbahn nicht bewundern. Maryla erzählte uns davon, dass vor nicht langer Zeit ein solches Riesentier sich dicht bis ans Dorf vorgewagt hatte.

Ja, und dann – was unseren Blicken auch verwehrt war – der Fischreichtum der zahlreichen Seen Masurens. Richard berichtete von den Angelergebnissen des letzten Besuchs aus Deutschland. Die anglerischen Laien holten akzeptable Hechte aus dem Wasser, wohl dokumentiert mit Fotos. In meiner anglerischen Karriere habe ich auf einen 10-Pfünder nie zu hoffen gewagt. Dort in den masurischen Seen gehören solche Fische zum normalen Bestand.

Eine Nummer kleiner waren die Frösche, die mir morgens bei der Auswahl der Blumen des Tages immer wieder begegnet sind, teilweise weit abseits des kleinen Sees neben unserer Unterkunft. Ganz besonders beeindruckt hat mich ein winziger Frosch, der nicht größer war als der Fingernagel meines kleinen Fingers – und ich habe zierliche Finger. Leider ist mir kein Foto gelungen, er hatte eine Fluchtdistanz, die umgekehrt proportional zu seiner Körpergröße war.

Insekten gab es auch – praktisch überall schwirrten Libellen in allen möglichen Farben durch die Luft. Zum Glück hielten sie sich von den Straßen fern, ein Kontakt mit Windschild oder Helmvisier hätte einen längeren Blindflug zur Folge gehabt. Die Fliegen und Mücken waren im Wald besonders anhänglich und begrüßten uns immer gleich in sehr großer Anzahl. Engelbert trug zahlreiche Merkmale des intensiven Kontakts mit den kleinen Blutsaugern, weswegen er auch seinen intensiven Wunsch nach einem Bad in einem masurischen See aufgab.

Der Verkehr in Polen ist natürlich ein Thema, das man nicht ausklammern kann. Wegen der Hauptverkehrsadern zwischen den Metropolen ist dort der Schwerlastverkehr besonders stark konzentriert. Das ist nicht unbedingt gefährlich, weil die LKW-Fahrer sehr kooperativ und rücksichtsvoll sind, aber es ist nervig, immer wieder eine Reihe dieser Fahrzeuge vor sich zu haben und überholen nur gelegentlich möglich ist. Die Nebenstraßen bieten deutlich mehr Fahrspaß und auch die Gefahr durch testosterongesteuerte Schwachköpfe ist sehr, sehr gering. Anders als gestern auf der Rückfahrt in Hessen, als mir unmittelbar auf einer Kuppe einer dieser 3er-Fahrer auf meiner Fahrspur entgegen kam. Da war spontanes Bremsen und der rechte Fahrbahnrand angesagt. Dieser Schwachkopf konnte sich nicht vorstellen, dass es jenseits seines Horizonts noch etwas gibt. Und die Hügelkuppe in 200 Metern Entfernung war sein Horizont.

Eines ist aber noch zu erwähnen: der Vollkontakt zwischen einem Trecker und einem LKW, dessen Folgen wir auf der Fahrt nach Kielce gesehen haben. Der Trecker lag ziemlich zerlegt im Straßengraben und der LKW stand vorne rechts arg lädiert etwas weiter weg am Straßenrand. Sehr wahrscheinlich hat der Treckerfahrer beim Einbiegen den LKW übersehen, aus welchen Getränkegründen auch immer. Zumindest ist er sehr schnell im Rettungswagen, der uns entgegen kam, ins nächste Krankenhaus gebracht worden.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass wir die Fahrten in und durch Masuren mit großer Begeisterung genossen haben. Wir haben viele nette Menschen getroffen, für die Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft selbstverständlich ist. Für die schönen Stunden und Tage in Masuren bedanken wir uns bei Walentyna und Wiesław, Richard und Maryla sowie Monika und Tante Anna, die uns viel vom beschwerlichen Leben der Bauern in Masuren erzählen konnte. Sie gab uns auch die Erklärung für die überall zu findenden Lupinen, die in der Fruchtfolge des sandigen Ackerbodens für die Landwirtschaft einfach unerlässlich waren.

Die Frühstücksgespräche am gemeinsamen Wochenende in Borowe mit Ania und Hubert gaben mir die Gewissheit, dass auch von der jungen Generation Polens die Idee Europas weiter vorangetrieben wird. Man kann auf die nächste Wahl gespannt sein.

Tja, wie sagt man heutzutage in den Online-Bewertungen:
Masuren – immer gerne wieder!

Vielen Dank für die geschätzte Aufmerksamkeit.