Bei mal wieder gutem Wetter und leeren Straßen – wir schrieben bereits über die dies verursachenden Exzesse – brachen wir auf Richtung Norwegen. Die Landschaft Lapplands näherte sich immer mehr dem Klischee, das man von Finnland hat: die Wälder endlos und die Besiedlung nicht nennenswert. Dazwischen Seen, ganz selten mal eine Bushaltestelle (natürlich ohne Fahrplan) oder auch eine Packstation in Form einer nach vorn offenen Holzkiste, damit die Amazonlieferung trocken ankommt. Ja genau, es scheint als ob die Finnen nicht nur die Sauna sondern auch die Packstation erfunden haben.
Auffällig ist die Vegetation hier im Norden. Zum einen, wie ein freundlicher finnischer Biker bei einer der letzten Regenpausen versicherte, sind die Sommer sehr kurz und die Flora explodiert förmlich, alles blüht fast zur gleichen Zeit. Zum anderen steht weiter nach Norden besonders den Laubbäumen, vornehmlich Birken, immer weniger Zeit zum Wachstum zur Verfügung. Die Wildnis schrumpft in der Höhe, nicht aber in der Ausdehnung. Die Straße wirkt wie ein Fremdkörper in der Landschaft als einziger Hinweis auf das, was wir Zivilisation nennen, allerdings abgesehen von den Mobilfunkmasten, von denen immer mindestens einer zu sehen ist.
Was die Fauna betrifft hatten wir heute eine Premiere: das erste Rentier tauchte auf, und zwar dermaßen plötzlich, dass ich voll in die Eisen gehen musste. Es tat so, als ob ich die Vorfahrt missachtet hätte, aber Uwe hat es fotografiert und am nächsten freien Access Point haben wir es online angezeigt. Hoffentlich wird es bald in einer Zelle – oder ähnlichem – schmoren. Achja, Polizei! Die gibt es in Finnland nicht, wir haben jedenfalls keine gesehen. Sie wurde ersetzt durch Blitzer. Ist wohl kostengünstiger, bringt aber wohl auch nicht viel ein. Man achtet die Tempolimits.
Richtung Inari wurden die Seen immer größer, sodass auch die bevorzugt gerade Straßenführung endlich ein Ende hatte und man schön am Ufer des Inari-Sees entlang schwingen konnte. Kurze Zeit später ging es links ab nach Norwegen. Diese gut 60 Kilometer bis zur Grenze verliefen auf einer recht ungewöhnlichen Straße. Es ging ständig rauf und runter, teilweise mit zehn und mehr Prozent Steigung. Einen Eindruck kann man von den Bildern bekommen, leider nur annähernd.
Die Grenze zwischen Finnland und Norwegen war eher unspektakulär, wir hätten sie fast nicht bemerkt. Im weiteren Verlauf änderte sich die Landschaft. Es wurde bergiger und statt Seen übernahmen fließende Gewässer das Bild. Dazu wurden die Hügel zu Bergen, die zum Teil noch mit Schneefeldern bedeckt waren. Ja, wir waren kurz vor einer optischen Überreizung, aber zum Glück lenkten die absinkenden Temperaturen davon ab. An der Barentsee in Lakselv angekommen fuhren wir einen Campingplatz an, mieteten die Hütte und beeilten uns, um zum Anpfiff des Spiels gegen die Slowakei pünktlich im Gemeinschaftsraum zu sein. Bei der hektischen Suche nach dem übertragenden norwegischen Sender musste ich feststellen, dass ich mal wieder die Uhr nicht umgestellt hatte: es war noch fast eine Stunde Zeit bis zum Anpfiff.
Das Bier ist hier auch so teuer, in Bayern wären solche Preise nicht durchsetzbar.
Bis zur Barentsee waren es 430 Kilometer.