Der Morgen fing bezüglich der Dusche gut an, weil es warmes Wasser gab. Die Blockwartin hatte gestern mit Sicherheit nicht die Wahrheit gesagt. In ihr Sparkonzept passte bestimmt nicht, dass Gäste nach ihrer Ankunft am frühen Nachmittag schon duschen wollen. Generell waren die Gäste des Campingplatzes ganz eng in die Betriebskostensenkung eingebunden: Licht im Flur ausmachen, nicht länger als fünf Minuten duschen und was es sonst noch so an Maßnahmen zur Gewinnsteigerung des Unternehmens gab. Mich würde brennend interessieren, ob der Warmwassertank mindestens einmal in der Woche vorschriftsmäßig aufgeheizt wurde, damit kein Legionellenbefall auftreten kann.
Egal, gegen 9 Uhr fuhren wir ohne Frühstück los – mal wieder bei Regen. Angesichts des Wetters nutzten wir eine gut ausgebaute Straße in Richtung Wrocław, dem früheren Breslau. So rissen wir die ersten 100 Kilometer, nur unterbrochen von einem rudimentären Frühstück an einer Tankstelle. Um zwei Becher Kaffee und etwas Gebäck abzurechnen, benötigte der junge Mann an der Kasse mindestens fünf Minuten. Bestimmt muss er sich morgen einen neuen Job suchen.
Da es inzwischen trocken geworden war, beschlossen wir, die Schnellstraße zu verlassen und auf kleineren Straßen weiter zu fahren. Der Weg führte uns durch Katowice, wo meine Großmutter Maria Niemitz herstammt, und Zabrze, bekannt von den Popolskis. Weiter ging es durch das wolkenverhangene Oberschlesien, in dem der Bergbau auch so langsam in die Museumsecke gedrängt wird. Stahl wird wohl immer noch in der Gegend produziert, jedenfalls haben wir einen LKW mit Coils und einen mit Moniereisen gesehen. Ansonsten herrschte unterwegs sehr reger Verkehr.
Als der kleine Hunger kam, hatten wir eine ausgesprochen blöde Idee: Mc Donalds. Kann man ja mal machen, weil es direkt am Weg lag. Drinnen war schon eine Meute Schulkinder und wurde auf dem Klassenausflug abgefüttert. Dann kam der nächste Bus mit Erstklässlern und wir standen mitten drin. Als wir auf unsere Bestellung warteten – Nummer 16 und 17 – war bald nur noch 13 vor uns. Das waren die 30 Fresstüten für die Meute! Es hat dann doch noch relativ zügig geklappt und wir erreichten gegen 15:45 Uhr unser Hotel in Breslau. Zu erwähnen ist noch, dass wir zwischen Ober- und Niederschlesien drei Orte durchfuhren, deren Ortsschilder sowohl den polnischen als auch den alten deutschen Ortsnamen auswiesen.
Nach Abladen des Gepäcks, Unterbringung der Motorräder auf einem bewachten Parkplatz und Bezug des Zimmers war eine warme Dusche angesagt. Während der Wartezeit entstand der erste Teil des heutigen Berichts. Und dann ging es in die berühmte Altstadt der viertgrößten Metropole Polens. Nach kurzem Spaziergang erreichten wir den fußläufigen Bereich, sofort verbunden mit dem Verdacht einer Sinnestäuschung,. Die Buden, die im Dezember in Duisburg auf dem Weihnachtsmarkt rumstehen, sind jetzt hier aufgebaut. Gleiches Angebot wie gestern in Krakau: Glasperlen, Bernstein, kitschige Puppen und sogar Schmuck aus Afrika wie zum Beispiel Kaurimuschelketten. Aber ansonsten war die Gegend um den Markt schon sehenswert. Viele der alten Gebäude mit den schönen Fassaden wurden erhalten und geben dem Markt einen tollen architektonischen Rahmen.
Das Abendessen nahmen wir sehr gepflegt und traditionell schlesisch ein. Mit dem Dwór Polski haben wir dafür das perfekte Restaurant erwischt, in dem auch schon der Papst und Helmut Kohl neben vielen anderen prominenten Persönlichkeiten zu Gast war. Ein Foto für die Galerie haben wir selbstverständlich abgelehnt, weil wir nicht rasiert waren. Zu erwähnen sind noch die Breslauer Zwerge, die überall in der Altstadt verteilt sind. Zwei von ihnen habe ich entdeckt. Sie sind leicht zu übersehen, weil sie lediglich um die 25 Zentimeter groß sind.
Im Gegensatz zur gestrigen Netzanbindung funktioniert heute alles prima. Das ist besonders zu erwähnen, weil auf dem Blockwart-Campingplatz in Krakau auch der Router auf Sparflamme lief. Die Blockwartin dachte wohl, dass Nameservice extra kostet und hat deswegen drauf verzichtet. Merkt man eigentlich, dass ich immer noch einen dicken Hals habe?
Insgesamt 267 Kilometer waren es heute.